Jugendgruppe übernimmt eine Bachpatenschaft

Er plätschert wieder.

Liebe Jugendleitungen

Habt ihr vielleicht auch ab und an das Gefühl, mehr mit eurer Jugendgruppe unternehmen zu wollen? Wollt ihr sie motivieren, etwas für die Hege und Pflege eures Fischbestandes beizutragen und ein Bewusstsein für unsere Gewässer zu entwickeln?

Mit ein wenig Vorarbeit und Vorbereitung kann man innerhalb weniger Tage einen Bach von einem lautlos dahinströmenden Kanal in ein lebendiges Gewässer verwandeln!

So kann eine erfolgreiche Bachpatenschaft aussehen

Ein tolles Beispiel hierzu liefert die Jugendgruppe vom Fischereiverein Straubing! Wir haben sie im Zuge unseres YouTube-Projektes dabei begleitet:

Vorbereitung/Planung/Bestandsaufnahme: HIER geht`s zum Video, Teil 1

Konkrete Maßnahmen & Umsetzung: HIER geht`s weiter (Video, Teil 2)

Rechtlicher Rahmen: Keine Genehmigungspflicht an Gewässern der 3. – 5. Ordnung

Flüsse sind Gewässer der 1. und 2. Ordnung. Unterhaltspflichtig sind die Wasserwirtschaftsämter. Bäche sind meist Gewässer der 3. Ordnung. Unterhaltspflichtig sind hier die Gemeinden.

Für die Flüsse der 1. und 2. Ordnung ist der Gewässerausbau im § 67 WHG interessant. Gewässerausbau ist die Herstellung, die Beseitigung und die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer. Diese Maßnahmen sind genehmigungspflichtig.

Die Unterhaltspflicht ist wiederrum im § 39 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) geregelt. Die Unterhaltung eines oberirdischen Gewässers umfasst seine Pflege und Entwicklung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung (Unterhaltslast).

Für uns Angler, Fischereivereine und deren Jugendgruppen sind daher die Gewässer der 3. Ordnung (und darunter: 4. und 5. Ordnung sind noch kleinere Gewässer, wie z.B. Gräben) Ziel unserer Aufgabe der „Hege und Pflege“. Maßnahmen an solchen Gewässern sind nicht genehmigungspflichtig!

Das StMUV (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz), das LfU (Bayerisches Landesamt für Umwelt), die Wasserwirtschaftsämter, die Gemeinden vor Ort, der LFV (Landesfischereiverband Bayern e.V.), die BFJ (Bayerische Fischerjugend im Landesfischereiverband Bayern e.V.)  und mehrere Umwelt- und Naturschutzverbände arbeiten eng zusammen im Projekt PRO Gewässer 2030. Im Rahmen dieses Projektes sollen die Bachpatenschaften gestärkt werden.

Aktive und langfristige Verbesserung unserer Gewässer

Vielerorts wurden bereits in den letzten Jahren und Jahrzenten von den Fischereivereinen und Jugendgruppen erfolgreich Maßnahmen zur Hege und Pflege begonnen und laufend weiterentwickelt. Bäche sind schließlich wichtige Habitate für Fische, besonders als Laichgebiete und Kinderstube. Wir Angler, insbesondere die Jugendgruppen, wissen das schon lange und haben uns dem Motto verschworen: Angeln gehen – Natur verstehen. Gesunde Fische leben nur in einem gesunden Lebensraum.

Die Gemeinden haben nun die Aufgabe, nachdem die größeren Gewässer der 1. und 2. Ordnung von den Wasserwirtschaftsämtern vielerorts renaturiert wurden, auch ihrer Pflicht nachzukommen und die Gewässer der 3. Ordnung zu pflegen. Ziel ist auch hier: Schaffung intakter Ökosysteme, Hochwasserschutz, Grundwasserschutz und Schaffung klimawandelresistenter Gewässersysteme (z.B. Beschattung).

Wie so oft, gibt auch die EU hierfür Vorgaben vor. Über das oben genannte „Projekt PRO Gewässer 2030“ hinaus gibt die EU ein Regelwerk vor, das darauf abzielt, dass bis Ende 2050 90 Prozent aller sanierungsbedürftigen Lebensräume (aller Land- und Wasserflächen) wiederhergestellt und renaturiert sind. Die Gemeinden sind daher noch mehr in der Pflicht und müssen nun handeln!

Eine Bachpatenschaft kann jeder übernehmen

Als Unterhaltspflichtige vergeben die Gemeinden nun Bachpatenschaften. Eine Bachpatenschaft kann grundsätzlich jede und jeder übernehmen, auch Privatpersonen und Vereine im großen Spektrum des Natur- und Umweltschutzes. Eine Bachpatenschaft wird hierbei komplett oder über ein Teilstück eines Baches und für mindestens 5 Jahre vergeben.

Da wir Angler seit Jahrzehnten erfolgreiche Hege und Pflege für Fische und deren Lebensraum betreiben, bietet sich eine Bachpatenschaft geradezu an! In Zusammenarbeit mit der zuständigen Gemeinde ist das problemlos möglich. Wir Angler sollten diese Chancen nutzen und aktiv die Initiative ergreifen! Denn wenn wir diese Bachpatenschaft nicht übernehmen, wird sie eventuell von einem anderen Akteur mit ganz anderen Interessen übernommen. Mit diesem Akteur müssten wir uns dann auseinandersetzen und absprechen. Es kann hier durchaus sein, dass diese Akteure völlig andere Ziele haben, als unsere Fischbestände zu hegen und deren Lebensräume zu verbessern. Vielleicht wirkt sich deren Handeln sogar negativ darauf aus.

Unterstützung von Landesfischereiverband Bayern und Bayerischer Fischerjugend

Und da eine derartige Bachpatenschaft wirklich jeder übernehmen kann, könnt auch ihr das mit eurer Jugendgruppe machen! Im Sinne von die Kleinen kümmern sich um die Kleinen.

Klar, dass sich die Jugendgruppe mit ihrem Vereinsvorstand im Vorfeld abspricht und plant, aber dann kann sie frei organisieren, die geplanten Maßnahmen umsetzen und tatkräftig arbeiten. Dafür erhält sie dann auch die Anerkennung des Vereins und der Öffentlichkeit. Es kann ein Antrag aus Mitteln der Fischereiabgabe gestellt werden und der Landesfischereiverband sowie die Bayerische Fischerjugend unterstützen mit guter fachlicher Begleitung.

Viele Vereine verfügen bestimmt über einen kleineren Bach, einen Zulauf, einen größeren Graben, der (noch) nicht fischereilich interessant ist und bereit steht für die Schaffung eines neues Lebensraums / für eine Revitalisierung. Eine Bestandsaufnahme ist die Grundlage für eine gute Planung. Dies kann über eine einfach gestaltete biologische Gewässeruntersuchung und einer einfachen Gewässerkartierung zur Verbesserung der Gewässerökologie bewerkstelligt werden.

Parallel oder danach folgt ein Rama Dama, erstmal nur des Uferbereichs. Weitere Überlegungen und Maßnahmen können dabei besprochen werden. Bevor ihr aber ins Wasser geht und dort etwas verändert, meldet Euch beim Landesbüro der Bayerischen Fischerjugend und beim Landesfischereiverband Bayern e.V.. Hier bekommt ihr zusätzlich Beratung:

  • Wer muss noch ins Boot geholt werden?
  • Wo können Anträge gestellt und wer sollte informiert werden?
  • Welche Maßnahmen sind für dieses Gewässer sinnvoll?
  • Woher bekomme ich finanzielle Förderung für unser Vorhaben?

Der Landesfischereiverband Bayern kann auch als Vermittler und Berater zu den zuständigen Gemeinden gehen, denn einige Gemeinden haben zur Vergabe einer Bachpatenschaft noch Klärungsbedarf. Lasst Euch nicht davon abschrecken – meldet Euch beim Landesfischereiverband, Referat III!

Kommunen / Gemeinden haben erstmal keinen unmittelbaren Nutzwert bei dieser Pflichtaufgabe. Sie bleiben in der Pflicht der Gewässerunterhaltung und können diese nicht an den Bachpaten delegieren. Jedoch freut sich jede Gemeinde, wenn in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Fischereiverein und noch dazu einer Jugendgruppe, ihre Bäche und Gräben öffentlichkeitswirksam renaturiert werden!

Lena Meier, LFV/REF III, referiert zu fachlich begleiteten Renaturierungsmaßnahmen

Finanzielle Unterstützung ist eine Frage guter Planung

Förderungenfür das Projekt kann nur über die Gemeinden stattfinden, diese sind die Zahlungsempfänger, da sie ja auch in der Unterhaltspflicht stehen. Im Rahmen der RZWas (Richtlinie für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben) können Gemeinden Anträge stellen.

Häufig sind die Maßnahmen mit Kosten verbunden, z.B. die Besorgung und der Transport großer Steine oder Kies, die Beschaffung von geeignetem Werkzeug (Holzhammer, Rechen, usw.), Kauf der richtigen Pflanzensetzlinge oder Holzpfähle. Die Übernahme solcher Kosten kann in Absprache mit der Gemeinde dort beantragt werden.

Alledings muss nicht alles mit finanziellem Aufwand verbunden sein! Wichtig ist eine gute Kommunikation und die Knüpfung sinnvoller Kontakte. Denn auch der örtliche Bauhof steht mit seinen großen Maschinen und Fahrzeugen sicherlich bereit, um z. B. große Baumwurzelstöcke zu besorgen und zum Bach zu transportieren. Eine geniale Zusammenarbeit zwischen Verein, Jugendgruppe und Gemeinde!

Sammlung möglicher Aufgaben von Bachpaten:

  1. Gewässerbeobachtung / Monitoring
  2. Beobachtung von Strukturen und deren Veränderung, z.B. Ufererosion/-abbrüchen, Totholz, Kolke, etc.
  3. Bestimmung von Tier- und Pflanzenarten, z.B. Fische, Fischnährtiere
  4. Bestimmung der Gewässergüte: Artenvielfalt, Wasserchemische Messungen, z.B. Sauerstoff- und Nährstoffgehalt, Versauerung
  5. Aufsuchen und ggf. Einmessung von Flutmarken nach Hochwasser

» Eine reibungslose und erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen zur Gewässerverbesserung hängt stark von einer guten Zusammenarbeit zwischen Bachpaten – Angelverein – Gemeinde ab!

  • Gewässerunterhaltung
  • Gewässerreinigung: Müll sammeln (Rama Dama)
  • Baumpflanzungen für Beschattung und Gehölzpflege im Uferstreifen
  • Herstellung der Durchgängigkeit, z.B. Fischpässe / Wanderhilfen von Ästen oder Sediment etc. freihalten
  • Schaffung neuer Gewässerstrukturen, z.B. Totholz oder Störsteine verankern

» einfache Tätigkeiten, die unter Anweisung / Anleitung einer Fachkraft auch ohne großes Gerät möglich sind

  • Dokumentation
  • Dokumentation der Kartierungen und Arbeiten (Lagepläne, Fotos, Skizzen, Tabellen): hilfreich für Maßnahmen des Unterhaltspflichtigen und für die Kontinuität der Aktivitäten und Reproduzierbarkeit von erfolgreichen Projekten der Bachpatenschaft.
  • Präsentation und Sichtbarmachung von durchgeführten Maßnahmen in der Öffentlichkeit, z.B. Zeitungsberichte, Infotafeln, Flyer, digitale Medien, etc.

Geduld und Besonnenheit führen zum Ziel

Bitte denkt daran, dass ihr euer eigenes Jugend-Projekt nachhaltig plant, organisiert und durchführt! Denkt dabei an einen Zeitraum der nächsten 5 Jahre, bei der die Jugendgruppe diesen Bach betreut. Die vollständige Umsetzung eurer Maßnahmen eilt nicht! Wichtig ist, dass ihr die Hege und Pflege dabei im Auge behaltet und jede einzelne Maßnahme auch prozessorientiert in der Entwicklung betrachtet: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige tun! Dies ist viel wichtiger als mit einer Aktion in überhasteten Aktionismus zu geraten, um dann evtl. festzustellen, dass die geplanten Maßnahmen nicht zu dem eigentlichen Ziel führten. Dann wäre Frust vorprogrammiert und die Beteiligten verlieren vielleicht sogar die Lust daran. Unsere Natur braucht Zeit, um sich zu entwickeln und wir sollten uns dem anpassen!

So sollte nicht jede Verklausung sofort entfernt werden! Beobachtet diese Verklausung, denn wenn sie stabil genug ist, braucht ihr dort schon mal keine neuen Strukturen schaffen. Denn wo gute Unterstände sind, finden sich meist auch sehr schnell Fische ein.

Bachpaten sollten im Sinne der Hege und Pflege das Gewässer beobachten und „lesen“. So kann z.B. eine Verengung an bestimmten Stellen sinnvoll sein, oder manch überhängender Uferbewuchs wichtigen Schatten und Schutz spenden.

Ziele sind immer:

  • Struktur schaffen

Steine / Wurzelstöcke einbringen – als Strukturelemente

z.B. Ein Traktor fährt am Ufer entlang, alle 25 Meter schieben Jugendliche große Steine von der Ladefläche. Sie werden als Strukturelemente in den Bach eingebracht und mit Holzpflöcken fixiert. Ein Bagger hat außerdem Wurzelstöcke angeliefert, die ebenfalls ins Wasser gesetzt werden.

Jeweils auf der gegenüberliegenden Seite wird das Ufer mit Weidengebinden, sogenannten Faschinen, verstärkt, damit der Bach nicht ausbrechen und die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen überfluten kann.

Die Strukturelemente sorgen dafür, dass das Wasser mal schneller, mal langsamer fließt. So entstehen Lebensräume für Fische, wie Bachforellen und Mühlkoppen, die Ritzen und ruhige Bereiche als Deckung nutzen.

Nicht nur Fische dürften sich in dem renaturierten Gewässer wohlfühlen. Vogelkot auf den aus dem Wasser ragenden Steinen ist ein Zeichen dafür, dass sich z.B. die Wasseramsel bereits nach wenigen Tagen hier eingefunden hat. Auch eine Bisamratte sieht man durchs Wasser flitzen. Aus einem Abflussgraben wird wieder ein hochwertiges Ökosystem.

Schrittweise Aufwertung unserer Klein-Gewässer

Die Aufgabe ist es, Gewässer 3. Ordnung (oder darunter) aufzuwerten. Gewässer dritter Ordnung machen rund 90 Prozent (90.000 km) der Gewässer in Bayern aus und wurden bisher leider vernachlässigt. Schade für die Natur und schade für den Verein! Aus einem vernachlässigten Zulauf kann sich ein hervorragendes Laichgewässer, eine Ruhezone für unsere Fische, oder ein Jungfischhabitat entwickeln.

Die Jugendgruppe kann hier einen enormen Beitrag leisten! Zeigen die Maßnahmen positive Wirkung, können mittelfristig größere Aktionen, wie die Verlegung des Bachbetts zu einem neuen mäandrierenden Bachlauf durchgeführt werden. Fische stoßen häufig auch auf unüberwindliche Hindernisse, wie betonierte Abstürze. Der Mini-Wasserfall verhindert die so wichtige Durchgängigkeit und damit den genetischen Austausch zwischen den Beständen im Gewässersystem. Der Rückbau solcher Hindernisse wäre ein weiterer Schritt, den man dann unternehmen könnte.

Für den Herbst könnte die Pflanzung von Ufergehölzen geplant werden. Etwa 1,20 Meter hohe Kopfweiden sollen das Wasser beschatten, nicht aber die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen. Diese brauchen die Sonne, während das Leben im Bach bei Schatten besser gedeiht. Das Wasser bleibt kühler und verdunstet bei Hitze nicht so schnell. Unerwünschtes Wasserpflanzenwachstum wird verhindert, was aufwändige Bachräumungsarbeiten überflüssig macht. Und das Bachbett bietet Fischen den notwendigen kiesigen Grund für die Eiablage, statt zu verschlammen.

In den Wintermonaten können Brutfische eingesetzt oder – noch besser – Brutboxen eingebaut werden.

Auch kürzere Bachabschnitte lohnt es zu revitalisieren! Jeder renaturierte Abschnitt führt zu einem Hotspot. Schnell wird sich Leben im und am Gewässer, rund um diesen Hotspot, einfinden. Jeder sog. Störstein (Strukturelement) bringt:

  • Verlangsamung durch Abbremsung der Strömung
  • Wasser fließt nicht mehr so schnell ab und hat dadurch die Möglichkeit bis ins Grundwasser zu gelangen
  • Struktur im Gewässerverlauf – es plätschert wieder (Sauerstoff und verschiedene Strömungsbereiche)

Eine Bachpatenschaft bringt jedem Beteiligten nur Vorteile, das gilt ganz besonders für unsere Gewässer und deren Lebewesen!

Haben wir Dein Interesse geweckt?

Vielleicht seid ihr auch schon in der Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen, aber noch ohne die Übernahme einer offiziellen Bachpatenschaft?

Wir, das Landesbüro der Bayerischen Fischerjugend, würden uns sehr über einen unverbindlichen und informativen Anruf von Euch freuen!

Meldet Euch hierfür bei unserem Projektleiter:

Peter Möhrle

Tel: 089 64 27 26 35, E-Mail: peter.moehrle@fischerjugend.de

Wir freuen uns auf euer Engagement und sagen im Namen unserer Gewässer schon mal herzlich PETRI DANK!